Samstag, 6. September 2014

Die 10 Gebote - Und wie es wirklich war ..

Der kriegt den Rasenmäher nie mehr!
Es war an einem warmen Sommerabend, als Mosche aufbrach, um sich ein Wenig mit alpinem Wandersport zu zerstreuen. Freilich war es nicht wirklich alpin, denn von der Existenz der Alpen wusste Mosche, wie auch die anderen zwanzigtausend Israeliten, nichts. Es war der Berg Sinai. Aus seiner Sicht war es folglich sinaiischer Wandersport, doch er zerstreute ebenso gut. Mosche wanderte also den Sinai hoch. Der Himmel war blau, die Sonne schien hell. Mosche machte das oft. Steil ging es bergauf. Die Waden spannten. Mosche griff in seine Schafsledertasche und holte seinen Walkman heraus. Natürlich gab es damals, vor gut dreieinhalbtausend Jahren, noch keine MP3-Player. Deshalb war es auch nicht so ein schönes handliches Gerät, wie wir es heute kennen. Es war ein Sony DD3 Quarz, groß wie ein Kinderkopf, und er lief mit Kassette. Immerhin eine Maxwell Chrome. Er setzte seine Kopfhörer auf und ließ seine Lieblingskassette anlaufen, die er stets anhatte, wenn er dem Alpinen fröhnte. Verzeihung, dem Sinainen. „Jesus was a Sailor, when he walked upon the Water“, sang Leonard Cohen. Wer mag dieser Jesus sein?, dachte Mosche an dieser Stelle immer, und was soll diese Textzeile bedeuten? Ist nicht jeder ein Seemann, wenn er die See befährt? Na, ja, dachte sich Mosche, der Weihrauch mag auch Cohen ab und an zu Kopfe gestiegen sein. 
Der Gipfel näherte sich. Jetzt kam, worauf sich Mosche stets am meisten freute: Der grenzenlose Blick über ganz Sinai-Valley. Nur noch knappe 20 Höhenmeter. Doch kaum huschte ein Lächeln über seine Lippen, schob sich die erste Wolke vor die Sonne, dann die zweite, die dritte, eine erste schwarze Wolke, die zweite, und schon setzten die ersten Regentropfen ein. Ein Blitz zuckte. Mosche suchte rasch Unterschlupf unter einem Felsvorsprung. Es regnete von einem Moment zum anderen in Strömen. Der Felsvorsprung gab nur Schutz vor dem, was von oben kam, doch der starke Wind peitschte ihm Unmengen von Wasser hart ins Gesicht. Mosche schaltete den Walkman aus und ließ die Kopfhörer locker um den Hals hängen. Sein Umhang war bereits feucht wie ein Frotteehandtuch nach dem Duschen, aber das wusste Mosche nicht, denn als er lebte, gab es weder Duschen noch Frottee. Der Vergleich, den er tatsächlich zog, erspare ich uns, denn die Dinge, an die er dachte, sind heute nicht mehr gebräuchlich. Außerdem wären sie nicht jugendfrei. Und während Mosche mit der Welt im Allgemeinen und sich im Besonderen haderte, überlegte er, wie diese Welt wohl besser werden könnte. Insbesondere auch im Hinblick auf das Wetter. „Du sollst nicht regnen!“, fiel ihm als erstes ein, womit seine Situation bereits wieder geglättet wäre. Ach, und er bekam nie seinen Rasenmäher gleich nach dem Mähen von seinem Nachbarn Korach zurück. Er musste ihn stets erinnern. Du sollst nicht länger begehren deines Nachbarn Rasenmähe,  als du ihn zum Mähen brauchst. Auch das wäre eine gute Sache. Und überhaupt, Korach schaute auch stets so lüstern auf Mosches Frau. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, insbesondere nicht, wenn du dir dessen Rasenmäher nochmal leihen möchtest. Die Ideen sprudelten nur so aus Mosches Kopf. Rasch griff er in seine Umhängetasche und zog seinen Collegeblock hervor. Und natürlich war es ein Collegeblock. Es waren keine Steintafeln, wie später überliefert wurde. Die Dinger wiegen 15 Kilo pro Stück. Wer schleppt denn schon 30 Kilo Stein nur mal so auf Verdacht einen Berg hoch, falls ihm ein paar Gebote eingegeben werden sollten. Selbst wenn zufällig im Felsvorsprung welche gestanden hätten, wie unrealistisch wäre es denn, wenn Mosche zufällig einen Meißel zur Hand gehabt hätte. „Oh, Zippora, warum musstest du daneben greifen? Eine Banane als Wegzehr sollte es sein, und was ich finde, ist ein Meißel. Ui, da sind ja zwei Steintafeln. Nun, da ich schon mal einen Meißel dabei habe  ...“ 
Du sollst nicht flöten, muss auch noch auf die Liste, dachte Mosche. Der Nachbar von der anderen Seite und sein stetes lautes Proben. Das muss ein Ende haben. Ehe sich Mosche versah, waren es 10 Gebote an der Zahl. 
"Na, die knalle ich Korach gleich vor den Latz", sagte er sich, kaum dass das Wetter wieder aufklarte. 
Auf dem Abstieg hörte er wieder Musik vom Walkman. Leonard Cohen sang: „I’m the little Jew, who wrote the bible!” Bible? Jesses, was soll das sein?, fragte sich Mosche, und mit Jesses war nicht der Jesus vom Kreuz gemeint, dessen Geschichte sich erst in eineinhalb Tausend Jahren abspielen sollte, sondern der Hersteller seines Rasenmähers, den er ob seiner Qualität nicht oft genug preisen kann. Jesses Mowing Machines - We mow the lawn vom Egypt to Israel!

Letztlich war es entgegen des Liedes doch nicht Cohen, der die Bibel schreiben sollte, sondern Korach, der sich einfach Mosches Collegeblock lieh, die Gebote verlegen ließ und einen wahren Bestseller mit seiner Bibel landete. 
Moses!, was für ein blöder Name, dachte sich Mosche nach der Lektüre, und auch wenn Korach entscheidende Passagen geändert hatte, Mosches Rasenmäher bekam er nie wieder.

(Eine Hommage an Leonard Cohen, Charlton Heston, Robert Rankin und alle Schlüsselfiguren monotheistischer Weltreligionen)

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