Mittwoch, 30. Juli 2014

Neunzehnter Schritt - Staubsaugerbeutel

Hungriger Staubzyklop
Staubsaugerbeutel sind ein weiterer Punkt. Meine Freundin kam auf die Idee. Warum sollte man sie nach der ersten Benutzung wegwerfen? Sie haben ein Loch, in das der Staub reinkommt, also muss er doch da auch wieder rauszubekommen sein. Und – oh, Überraschung – so ist es auch. Es dauert zwar ein paar Minuten und staubt gewaltig, aber kaum ist das Ding leer, kann man es – oh, Wunder – wieder füllen. Manchmal frage ich mich ernsthaft, wann der Zeitpunkt eingetreten war, ab dem ich aufhörte, meinen Hausverstand zu nutzen. Bei anderen, ebenso alltäglichen Dingen, kommen wir nicht auf so obskure Ideen: „Bekomme ich noch etwas zu trinken!“
„Na, klar. Gib mir dein Glas. Hey, wo ist dein Glas? Warum liegt dein Glas im Müll?“
„Es war doch leer! Man kann es füllen?“
Die Saugleistung ändert sich erst nach unzähligen manuellen Leerungen. Ich vermute, es hat etwas mit der Luftdurchlässigkeit des Beutels zu tun. Irgendwann ist er wohl einfach so sehr von Staub durchsetzt, dass die staubversetzte Luft, die der Sauger reinpumpt, einfach nicht mehr entweichen kann. So wie die Kartoffel im Auspuff das Auto absaufen lässt. "Nein, Kinder, nicht nachmachen. Kartoffeln gehören in den Topf. Der Papa macht nur Spaß! Wehe mein Auto läuft morgen nicht! Keine Pommes mehr! Nie wieder!"

Planet of the Fish (Teil 3)

BBQ mit zwei Sorten Rind
Charly saß in der Küche und mühte sich, seinen in die Jahre gekommene Mixer mittels Hammer, Meißel und Kaugummi wieder fit zu machen. Er lag geöffnet vor ihm, während ihm sein Freund Maik keinerlei Tipps gab, was er tun oder bleiben lassen sollte.
„Soll ich den grünen und den roten Draht verbinden?“, fragte Charly.
Maik zuckte mit den Schultern und biss in einen in Zucker gewälzten Butterblock, den er mit einer Gabel aufgespießt hatte.
„Oder besser den grünen mit dem blauen?“
„Da ist kein blauer“, sagte Maik, trank einen Schluck Berliner Kindl und griff in den geöffneten Mixer. „Das ist ein Tamponfaden“, konnte er gerade noch sagen, bevor er binnen einer Millisekunde völlig dehydrierte und ein völlig unerwarteter Riss im Raum-Zeit-Kontinuum Charly fortriss in eine weit, weit in der Zukunft liegende Zeit.

Mittwoch, 16. Juli 2014

Achtzehnter Schritt - Weniger Flasche, mehr Leitung

Harrt einsam meiner Heimkehr, die Flasche!
Ich muss zugeben, Pendlertum und das Dasein als Recycling-Outlawunter einen Hut zu bekommen, ist echt nicht einfach. Ich laufe jeden Tag gut zwanzig Minuten von zuhause zur Bahn, steige um, steige wieder um und steige vier Stockwerke zu Fuß zu meinem Büro, nur um nach neun Stunden das gleiche erneut auf mich zu nehmen. Nur umgekehrt halt. Die Bahnfahrt dazwischen verschweige ich, denn die Erholungsphasen währenddessen, würde meinem Jammern sonst die mitleiderheischende Kraft nehmen. Jedenfalls bin ich vierzig Minuten unterwegs. Zu Fuß. Und ich habe dabei einen Rucksack voller Glas auf dem Rücken. Eine 0,7-Liter-Mineralwasserflasche, montags mittlerweile einen Liter selbst gemachte Mandelmilch in der Glasflasche, die mir aber zum Glück für die ganze Woche reicht, und ein Glasbehältnis für mein Mittagsmüsli. Ich scheppere im ÖPNV wie ein Glascontainer und schleppe daran, wie ein Ochse am Pflug. Damit ist jetzt Schluss. Zumindest teilweise. Ab jetzt nur noch Leitungswasser. Das erspart mir schon mal ein Kilo tägliches Geschleppe. Anfangs war ich skeptisch: Ist das Kalk im Wasser vielleicht zu viel für den Körper? Geht es irgendwann nicht mehr ohne Calgon? Ist Mineralwasser vielleicht doch besser? Aber alles ganz entspannt: Das volksmündliche Kalk ist nichts als Magnesium und Kalzium, und wie die ganzen anderen Mineralien aus dem Mineralwasser auch, kann der Körper es wesentlich schlechter verwerten als das aus Gemüse, Nüssen, Getreide etc. Und nachdem ich völlig begeistert von meiner Transportersparnis gleich zum Aldi gerannt war, auf dessen Homepage ich gesehen hatte, dass just am Tag dieser, meiner Entscheidung, Glaskaraffen im Angebot seien – mein Gott, ein Zeichen! – und dort feststellte, dass es leider ein Angebot des Vorjahres war, was ich von Wundergläubigkeit und Vorfreude erfüllt auf der Homepage überlesen hatte, entschloss ich mich in meiner Ernüchterung keine Glaskaraffe zu kaufen, sondern einfach meinen Wasserkocher als Glaskaraffe zu nutzen. Der ist schon da. Der ist aus Glas. Der ist ein Schmuckstück, und der fasst gut zwei Liter frisches, sauberes, reines, leckeres Leitungswasser, die ich im Sommer gewiss trinken werde, nun aber nicht mehr schleppen muss. Kraftreserven gespart, Müll gespart, Kosten gespart - Herrlich.


Mandelmilch - aus dem Euter der Nusskuh
Die eingangs erwähnte Mandelmilch ist übrigens ganz einfach herzustellen. 30 g ungeschälte Mandeln in den Mixer, mit einem Liter heißem Wasser übergießen, über Nacht ziehen lassen, sieben, kalt stellen, und das war’s. Ich freue mich, dass das alles ist. Sie ist so weiß wie Milch, und das bleibt sie auch. Nichts fällt aus oder verändert sich farblich. Trotz der ungeschälten braunen Mandeln. Ich war schon ein wenig genervt, dass ich nun wieder gezwungen sein sollte, Tetra-Pack-Müll zu machen, nur weil ich keine Kuhmilch mehr haben will. Exakt einmal gab es nun ein Tetra-Pack mit Mandelmilch. Schmeckte! Und gleich selbst gebastelt. Das Mandelmehl, das nach dem Filtern übrig bleibt, trockne ich einfach. Vermengt mit Margarine und etwas Rohrzucker gibt das einen leckeren Brotaufstrich. Die Mandelmilch kann man auch mit Ahornsirup oder Rohrzucker süßen.  Ich süße sie allerdings nicht, da sie ja ohnehin in mein Müsli kommt. Da würde die Süße ohnehin nicht auffallen. Also kann ich es auch gleich lassen. Jedenfalls bin ich zufrieden. Vormals war es täglich eine Quarkverpackung, jetzt sind es zwar ein paar Verpackungen, überwiegend aber aus Papier, mit Haferflocken, Nüssen, Kernen, Getreide und Trockenobst, die aber dafür mehrere Wochen halten. Müllreduziert, vegan und lecker.

Samstag, 5. Juli 2014

Thank God it's Friday

Der Wecker klingelt. Ein letztes Mal in dieser Woche. Endlich Freitag. Die Woche war schließlich auch anstrengend genug. Jeden Abend nach der Arbeit liege ich sofort erschöpft auf der Couch. Aber immerhin erfülle ich immer mein Pensum. Ich kann stolz auf mich sein. Ich stehe auf, mache mir einen Kaffee und eile mit einem Croissant im linken und einer Zigarette im rechten Mundwinkel zur Bahn. Mehr Zeit war nicht, denn es war leider nicht das erste Klingeln, mit dem ich erwacht war. Das ist es nie. Na ja, bei dem Arbeitspensum.

Ich komme am Bahnhof in der Minute an, als die Bahn gerade einfährt. Mein Auto schließe ich eilends ab, renne zum Bahnsteig und schaffe es geradeso, die Hand zwischen die schließende Tür zu bekommen. Ich nehme mir den letzten freien Sitzplatz. Mir gegenüber sitzt ein Mann, dem die sich ankündigende Sommerhitze des Tages schon jetzt zu schaffen macht. Er liest in der Zeitung von gestern. Wäre ich geistig so desolat und körperlich so schlecht in Form, könnte ich mein Arbeitspensum nie erfüllen. Der Herr bräuchte sicher auch die Mittagspause, die ich mir stets vergönne. Ich erfülle mein Pensum immer. Ich kann stolz auf mich sein. Beinahe verpasse ich es auszusteigen. Gerade so bekomme ich die Hand zwischen die sich schließende Tür.

Donnerstag, 3. Juli 2014

Siebzehnter Schritt - Von weißen Kühen und grünem Gewissen

Wiedereintritt ins Plastiversium!
Je mehr ich mich mit der Materie Plastikmüll beschäftige, desto stärker vertiefe ich mich zwangsläufig in alle anderen Bereiche: Luftverschmutzung, Energieverschwendung, Ressourcenschonung … Inzwischen bin ich in meinem Freundeskreis zu einem anerkannten Experten in Müllologie geworden. Bildlich gesprochen bin ich vom kleinen Asteroiden, der ziellos in der Leere des Alls umherschwebte, zu einem Planeten des Wissens geworden. Mit Umlaufbahn, Eigenrotation und allem möglichen astronomischen Schnick-Schnack versehen. Und ehe ich mich versehe, stelle ich fest, ich habe einen Trabanten. Wo er herkommt, kann ich nicht sagen. Plötzlich ist er da. Der Trabant heißt: Vegan 38. Warum er eine Zahl hat, wollt ihr wissen? Ihr habt offenkundig keine Ahnung von Sternenkunde. Alle tollen neu entdeckten Sterne, Planeten, Planetoiden und Verwandte haben Zahlen. Sinnvolle Buchstabenkombinationen sind inzwischen alle vergeben. Mag aber sein, dass es einfach mein Alter ist, in dem ich plötzlich und unerwartet auf die vegane Ernährung zuzusteuern beginne. 

Wiederaustritt aus dem Plastiversium 
Ab einer gewissen Informationstiefe, ist es faktisch nicht mehr möglich den Verstand zu überlisten und weiter unbedacht tierische Produkte zu essen. Industrielle Massentierzucht, -haltung und -nutzung sind in all ihren Konsequenzen für einen aufgeklärten Geist faktisch nicht tolerabel. 58 Kilo Fleisch aßen wir im Jahr 2013 im Schnitt. Jeder Bundesbürger putzt damit jährlich das Äquivalent eines Marathonläufers weg. Mancher brächte es wohl gar auf eine ganze Mannschaft, wenn ich all die egoistischen Vegetarier und Veganer bedenke, die den Schnitt versauen. Um beim Eingangsbild zu bleiben: Mein frisch entstandenes Universum wäre zum Kollabieren gezwungen, vermutlich verschlungen von einem weißen Riesen in Form einer gleißend hellen Kuh, wenn ich weiter Fleisch äße und Milchprodukte zu mir nähme. Wie auch immer das astronomisch zu realisieren wäre.  Ich komme nicht daran vorbei. Automatisch und unerwartet reduziert sich mein Fleischkonsum, dann plötzlich und unbemerkt mein Käse- und Quarkkonsum und ehe ich mich versehe, ernähre ich mich plötzlich nahezu vegan. Und stehe damit wieder vor plastikgeschützten Waren: Tofu gibt es nur in Plastikverpackung, Lupinensteaks im Plastikmantel, Saitanburger mit Plastiktopping, Sojagranulat in knusprigem Plastikkleid. Toll! Kaum hat man die omnivore Plastikfreiheit gewonnen, ist beides dahin. Keine 60 Kilo Fleisch mehr im Jahr, dafür 60 Kilo Plastik. Vegane Ernährung ist nichts für Faule. Also heißt es umstellen: Lupinenschrot, Quiona, alles gute Eiweißquellen, die es in Papierverpackung gibt. Ich forme meine veganen Burgerpatties nun selbst. Ansonsten gibt es halt mehr Eintöpfe. Chili mit Lupinenschrot ist echt klasse. Und meine Steaks mache ich mir mit selbstgemachtem Saitan aus Dinkelvollkornmehl. Paniert (mit durch Mehl eingedickter Mandelmilch anstelle von Eiern) kann man selbst Fleischesser überlisten. Mehl kommt freilich auch in Papierverpackung daher. Meinen Planeten umgibt nun ein saturnähnlicher Ring. Nur nicht aus Sternenstaub, sondern aus Mehl. Aber das glänzt für mich viel mehr.